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Wie Karl Nehammer tickt

Mangelnde Impulskontrolle? Oder sympathische Authentizität? Am Wesen des Kanzlers scheiden sich die Geister.

Als Karl Nehammer Generalsekretär der ÖVP war, lud er immer wieder einmal Journalistenrunden zum Hintergrundgespräch, meist ins Schwarze Kameel in der Wiener Bognergasse. Bei Fingerfood-Schnitzerl und Leberkäse-Häppchen war ein Politiker zu erleben, wie es ihn früher vermehrt gab, in der jüngeren Vergangenheit aufgrund von Marketing-Überlegungen und der Sorge, etwas Falsches zu sagen, aber immer weniger.

Karl Nehammer, wiewohl Generalsekretär der neuen türkisen Bewegung, war so ein Politiker vom alten Schlag. Er sprach frei von der Leber weg, skizzierte die Vorhaben seiner Partei, brachte eigene Überlegungen ein, auch über die politische Konkurrenz – und diskutierte mit den Journalisten mit offenem Visier. Mitunter konnte es durchaus kontroversiell werden. Nehammer ist gewissermaßen auch als Politiker von soldatischem Ethos: Er teilt aus, kann aber auch einstecken.

Als Bundeskanzler wurde er zurückhaltender. Gesprächstermine wurden rarer. Aber auch bei seinen offiziellen „Kanzlergesprächen“ mit Journalisten im Kanzleramt kann er emotional werden, wenn er das Gefühl hat, nicht verstanden oder missverstanden zu werden. Sicher fühlte sich Nehammer – jedenfalls bisher – im Kreise seiner Funktionäre. Diese konnten den Original-Nehammer erleben. Er kann laut werden, ironisch sein, kampfeslustig, polternd, charmant. Nehammer lässt seinen Emotionen gern freien Lauf. Das kommt gut an bei den eigenen Leuten, im Nationalratsklub wie bei Veranstaltungen draußen im Land.

Dem Image darüber hinaus, wenn ein Nehammer-Auftritt wieder einmal breitere Kreise zieht, ist es nicht unbedingt zuträglich. „Er leidet an mangelnder Impulskontrolle: Da hat Karl Nehammer habituell echt ein Leck“, schrieb etwa „Kleine Zeitung“-Chefredakteur Hubert Patterer dieser Tage.