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Und dann macht sich sogar der Investor für den Mieterschutz stark

Mehr Subventionen für den sozialen Wohnungsbau, mehr Mittel für KfW-Neubauprogramme und keine Abstriche bei den Anforderungen an die Energieeffizienz: So lauten einige der Beschlüsse des Wohnungsgipfels zu Wochenbeginn. Auch am Donnerstag beschäftigte das Thema noch die ZDF-Talksendung „Maybrit Ilner“.

„Kein Plan gegen Wohnungsnot?“, fragte Moderatorin Maybrit Illner die Politiker Kevin Kühnert (SPD) und Julia Klöckner (CDU), die Bauingenieurin Lamia Messari-Becker, den Unternehmer Christoph Gröner, Wibke Werner vom Berliner Mietverein sowie Jörg Dittrich vom Zentralverband des Deutschen Handwerks.

Im dem auf dem Gipfeltreffen verabschiedeten Papier stehe, dass in diesem Jahr „sicherlich keine 400.000 Wohneinheiten fertiggestellt werden“, gab Kevin Kühnert unumwunden zu. Bereits am Mittwoch hatte Bauministerin Klara Geywitz (SPD) das Versprechen der Ampelkoalition, jedes Jahr diese Zahl an Wohnungen zu bauen, bei „Maischberger“ kassiert.

Die SPD habe das ursprüngliche Bauziel „nicht ausgewürfelt“, sondern danach gerichtet, was der Markt brauche, rechtfertigte sich Kühnert. Jährlich seien 330.000 neue Wohnungen vonnöten. Hinzu komme ein „aufgewachsener Rückstand der letzten Jahre“ von 700.000 Einheiten sowie der Bedarf durch Migrationsbewegungen in Folge des Ukraine-Kriegs. „Wir bräuchten rein rechnerisch wahrscheinlich sogar noch mehr“, sagte der Generalsekretär. Bauen funktioniere aber nicht wie Einkaufen.

Auch die Union habe 1,5 Millionen Wohnungen innerhalb von vier Jahren bauen wollen, merkte Illner an. „Wir wären auch weitergekommen als diese Ampel-Regierung“, entgegnete Julia Klöckner selbstsicher. Mit ihrem „Förderchaos“ und dem „hü und hott“ rund um das Gebäudeenergiegesetz habe die Bundesregierung die Menschen verunsichert. Die aus dem Wohngipfel resultierten 14 Punkte seien eine „Absichtserklärung“, die zu lediglich 30.000 neuen Wohnungen führen würde. Kühnert relativierte die Vorhaben gleichermaßen. „Die 14 Punkte sind auch nicht die zehn Gebote“, betonte er. Sie bieten aber „gute Grundlagen“.

Immobilieninvestor verteidigt Ampel-Regierung

Christoph Gröner zog einen drastischen Vergleich. „Wir müssen feststellen, dass wir einen Patienten auf der Bahre liegen haben, der einen Dauerlauf vor sich hat“, sagte der Immobilienunternehmer. Die 14 Punkte des Wohnungsgipfels wirkten in diesem Kontext wie „fiebersenkende Zäpfchen“. Vor 20 Jahren habe Deutschland begonnen, die Baustandards zu erhöhen, wodurch sich der Kaufpreis „quasi verdoppelt“ habe. Aufgrund der Niedrigzinsen habe die Bevölkerung das nicht gespürt. Da der Zins wieder auf fast fünf Prozent gestiegen sei, werde sichtbar, was angerichtet wurde. Dafür trage die aktuelle Bundesregierung „weder Schuld noch Verantwortung“.

Bauexpertin Lamia Messari-Becker führte den Wohnungsmangel auf eine „Kette von vielen Fehlentwicklungen“ zurück. Bund, Länder und Kommunen hätten sich in den vergangen 20 Jahren „immer mehr zurückgezogen aus dem operativen Baugeschäft“, kritisierte sie. Gleichzeitig habe eine Urbanisierung stattgefunden, die den Druck auf die Grundstücke erhöht habe. Ohne „nachhaltige Bodenpolitik“ entstehe die Teuerung schon vor der Bebauung. Kopenhagen oder Amsterdam haben nach einer „ähnlichen Krise“ damit begonnen, Grundstücke zu erwerben, indem sie von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht haben.

„Wir reden hier über Wohnen als Grundrecht“, appellierte Messari-Becker an die politischen Akteure, auf „Lagerkämpfe“ zu verzichten. Die Mieterperspektive nahm Wibke Werner ein. Momentan sorgten sich diese vor den „horrenden Nachzahlungen“ der Heizkosten, den Verstößen gegen die Mietpreisbremse sowie den zunehmenden Eigenbedarfskündigungen. Die drei Punkte zeigten, wie angespannt der Wohnungsmarkt sei. Modernisierungen ängstigen Mieter, da acht Prozent der angefallenen Kosten auf die Jahresmiete umlegen dürfte. Bis zur Reform der Modernisierungsumlage durch die große Koalition 2019 lag der umlagefähige Anteil noch bei elf Prozent. Zudem gilt eine Grenze von drei Euro je Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren. Trotzdem forderte Werner, die Kosten müssten sich „auf mehreren Schultern“ verteilen.

Immobilieninvestor Gröner pflichtete ihr dennoch bei und sprach von „sozialer Sprengstoff“. Es gebe keine Grundlage dafür, dass Investoren ihre Gewinne auf den Schultern der Mieter erzielten. Auch gegen Eigenbedarfskündigungen sprach sich der Unternehmer aus. „Wenn jemand eine Wohnung kauft, in der seit 20 Jahren ein Mieter wohnt, dann muss der Käufer das Selbstverständnis haben, dass dieser weiterhin dort wohnt“, sagte Gröner. Eine Aussage, bei einige Käufer von Immobilien zum Eigennutz vor dem Fernseher die Stirn gerunzelt haben dürften.

Am Ende war die Sendung – drei Tage nach dem Baugipfel – erneut eine Beschwörung alter Gewissheiten und guter Absichten. Abhilfe gegen die „totale Unterversorgung“ würde lediglich mehr Wohnraum schaffen, sagte Investor Gröner. Kevin Kühnert beschwörte die Kraft des „seriellen Bauens“. Und die große Einigkeit herrschte in dem Punkt, nun aber endlich „ins Bauen“ oder „ins Machen“ zu kommen.

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