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Straßenblockaden: Was den Aktivisten der „Letzten Generation“ nun droht

Aufräumarbeiten: Ein Feuerwehrmann fegt die Straße, auf die Aktivisten zuvor eine schwarze Flüssigkeit gekippt haben. Bild: dpa

Die Straßenblockaden in Frankfurt haben Konsequenzen für die Aktivisten der „Letzten Generation“. Einige sind nun in Gewahrsam, manche für mehrere Tage. Auch strafrechtlich können sie belangt werden.

Schon am Dienstag ging es am Amtsgericht Schlag auf Schlag. Mehrere Aktivisten der „Letzten Generation“, die im Lauf des Tages Straßen in der Stadt blockiert und sich dabei teils am Boden festgeklebt hatten, wurden den Haftrichtern und später am Abend der Rufbereitschaft vorgeführt. Bei sechs Personen ordneten die Richter eine Ingewahrsamnahme an. Drei Personen mussten infolgedessen bis Mittwochabend, 18 Uhr, in Gewahrsam bleiben, eine Person muss dort noch bis Donnerstag um 18 Uhr bleiben, eine weitere bis Donnerstag um 22 Uhr.

Die Ingewahrsamnahmen sollen präventive Wirkung haben und sind im hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung geregelt. Dort steht, dass eine Person in Gewahrsam genommen werden kann, um „eine bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat“ zu verhindern. Die Polizei muss „unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung“ herbeiführen. Ist eine Person nach 24 Stunden noch keinem Richter vorgeführt worden, muss sie entlassen werden.

150 Ermittlungsverfahren

Die Dauer der Ingewahrsamnahme hängt davon ab, wie sich die Person verhalten hat. Am Beispiel der Aktivisten: Bei wie vielen Blockaden hat sie mitgemacht? Welche Rolle hatte sie? Ist sie am Vortag schon einmal vorläufig festgenommen worden und ist danach direkt zur nächsten Aktion gegangen, hat also die Weisungen der Polizei ignoriert? Und was sagt sie vor dem Haftrichter: dass sie sich von nun an zurückhält oder vorhat, weiterzumachen?

Ein zweiter, davon unabhängiger Strang sind strafrechtliche Ermittlungen. Bei der „Letzten Generation“ ermittelt die Polizei ähnlich wie bei den Abseilern an Autobahnbrücken wegen Nötigung, manchmal wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. 150 Ermittlungsverfahren gibt es einer Sprecherin der „Letzten Generation“ zufolge bereits. In Betracht kommt auch der Straftatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, zum Beispiel wenn wie am Mittwoch am Kaiserlei auf einer Straße Flüssigkeiten ausgeschüttet werden und die Gefahr besteht, dass Verkehrsteilnehmer hineinfahren und verunfallen. Bei den Ermittlungen spielt auch die Frage eine Rolle, an welchen Straßen die Blockaden stattgefunden haben: Handelte es sich um eine Tempo-30-Zone oder um eine Autobahn, auf der Fahrzeuge mit hoher Geschwindigkeit unterwegs sind? Wurde eine Straße plötzlich mitten in den Verkehr hinein „gestürmt“, oder nutzten die Aktivisten die Gelegenheit einer roten Ampel?

Keine Verschleierung der Identität

Die strafrechtliche Aufarbeitung der Aktionen der „Letzten Generation“ in Frankfurt steht noch am Anfang. Zunächst ist die Polizei am Zug. Nach Abschluss ihrer Ermittlungen gehen die Fälle an die Staatsanwaltschaft, die dann prüft und bei hinreichendem Tatverdacht Anklage erheben kann. Auch im Wege des Strafbefehls, der beim Amtsgericht beantragt wird, wenn die Staatsanwaltschaft eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich erachtet.

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Mit den Aktivisten, die sich von Autobahnen im Rhein-Main-Gebiet abgeseilt haben, lässt sich die „Letzte Generation“ indes nur bedingt vergleichen, weil es ihr explizit darum geht, die Namen und Biographien ihrer Aktivisten öffentlich zu machen. Die Abseiler dagegen waren darauf bedacht, ihre Identität nicht preiszugeben. Sie bemalten sich die Gesichter oder verklebten sich die Fingerkuppen, damit keine Abdrücke genommen werden können. Einige nahmen sogar Untersuchungshaft in Kauf. Nicht alle hielten das lange durch, gaben nach einiger Zeit doch ihre Identität preis oder erteilten ihren Verteidigern eine Zustellungsvollmacht, sodass sie für die Justiz erreichbar waren und damit der Haftgrund der Fluchtgefahr nicht mehr bestand.