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Italien: Dutzende Migranten jeden Tag – Bürgermeister setzt Soldaten ein

Lampedusa gilt inzwischen als Symbol einer gescheiterten Migrationspolitik. Doch auch in Triest herrschen schwierige Zustände. Der Bürgermeister greift nun durch.

Während die Europäische Union erbittert über eine Verschärfung ihrer Asylrechtsbestimmungen verhandelt, landen an den Grenzen der Mitgliedsstaaten auch weiterhin zahlreiche Geflüchtete. Lampedusa ist da nur das bekannteste Beispiel, die Insel musste kürzlich den Notstand ausrufen, weil so viele Menschen dort ankommen, dass die Aufnahmekapazitäten auf dem Eiland erschöpft sind.

Ein Ort, der selten im Fokus steht, auf dem die Situation aber ebenfalls angespannt ist, ist Triest. In der Stadt im Nordosten Italiens landen laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa jeden Tag Dutzende Flüchtlinge. Allein in der ersten Jahreshälfte 2023 waren es knapp 8.000 Menschen, darunter viele unbegleitete Minderjährige.

Dabei besitzt die Stadt gar keine Aufnahmezentren. Es stehen lediglich ein Dutzend Schlafplätze zur Verfügung, die durch Hilfsorganisationen bereitgestellt werden. Viele der Geflüchteten schlafen daher in einem heruntergekommenen Lagerhaus in der Nähe des Hauptbahnhofs, tagsüber und auch nachts treffen sie sich auf dem Marktplatz der 200.000-Einwohner-Stadt.

In dem "Silos" genannten Lagerhauskomplex, wo zeitweilig bis zu 500 Migranten auf dem Boden schlafen, sei die Situation unerträglich, berichtet Flüchtlingsaktivist Corrado Mandreoli der italienischen Zeitung "Il Post": "Die ersten Male, als ich [in die Silos] ging, um saubere Kleidung zu verteilen, fragten mich alle, ob ich enge Hosen an den Knöcheln tragen solle, um das Eindringen von Mäusen zu verhindern: Das ist der Standard."

"Eine geplante Katastrophe"

Seit Monaten schon wurden keine der ankommenden Geflüchteten an andere Orte in Italien oder Europa verteilt, sodass sich in der Stadt immer mehr von ihnen aufhalten. Die Zeitung "Corriere della Sera" schrieb zuletzt von "erbärmlichen Bedingungen und einem ernsthaften Gesundheits- und Hygienerisiko" für die Geflüchteten. Niemand in Triest scheint sich wirklich für die Menschen zuständig zu fühlen.

"Hier braut sich eine humanitäre Katastrophe zusammen, die geplant ist", sagt Gianfranco Schiavone von der Flüchtlingshilfsorganisation Consorzio Italiano Solidarietà (ICS) gegenüber Ansa. "Es ist eine Verantwortungslosigkeit der öffentlichen Verwaltung, wie ich sie noch nie gesehen habe."

Wie das Magazin "stern.de" berichtet, soll das System der Aufnahme von Flüchtlingen und deren Verteilung im Land bis 2017 noch funktioniert haben. Doch mit Roberto Dipiazza sitzt seit 2001 mit Unterbrechungen ein Mann im Rathaus der Stadt, der sich in Sachen Migrationspolitik einigermaßen ratlos zeigt. Er nennt die Situation in seiner Stadt "schlecht, sehr schlecht". "Ich beschäftige mich seit den 1990er Jahren mit Problemen im Zusammenhang mit Migranten, ich habe alles und noch mehr gesehen, aber so etwas konnte ich mir nicht vorstellen", sagte der 70-jährige Politiker gegenüber dem "Corriere della Sera". "Die Stadt ist im Ausnahmezustand. Als Kommune können wir nicht viel tun."

Triests Bürgermeister soll daher den Einsatz von Soldaten angeordnet haben. Nach Angaben von "stern.de" riegelt seit Kurzem eine Militäreinheit im Verbund mit der örtlichen Polizei den Bahnhofsvorplatz ab.

Dipiazza: Triest soll nicht zum Symbol des Scheiterns werden

Der Lokalpolitiker gehört der rechtskonservativen Partei Forza Italia des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten und inzwischen verstorbenen Rechtspopulisten Silvio Berlusconi an. Er möchte nicht, dass seine Stadt zum Symbol für eine gescheiterte Migrationspolitik wird. "So wie Lampedusa in die Krise geraten ist, stecken auch wir heute in der Krise", sagte Dipiazza der Zeitung "il Post".

Der Einsatz von Armeeeinheiten ist in Italien nichts Außergewöhnliches. Schon in früheren Jahren hatte die Regierung in Rom angeordnet, dass das Militär besondere öffentliche Orte schützen solle. Auch während der Coronakrise waren zum Teil Soldaten im Einsatz, um die Bevölkerung zu schützen. Dennoch kritisieren Opposition und Hilfsorganisationen das harte Vorgehen des Triester Bürgermeister und werfen ihm "symbolische Aktionen" vor, um die Bevölkerung zu beruhigen.