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Kommentar zu Parlamentsentscheiden: Hilfe für die Waffenlobby statt für die Ukraine

Kommentar zu ParlamentsentscheidenHilfe für die Waffenlobby statt für die Ukraine

Der Nationalrat versagt der Ukraine mehr Geld. Zugleich erleichtert der Ständerat Waffenexporte – obschon die Ukraine vielleicht gar nicht profitiert.

Rote Karte: Die «Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer» reicht 2019 die Korrekturinitiative ein. Später wird diese zurückgezogen.

Rote Karte: Die «Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer» reicht 2019 die Korrekturinitiative ein. Später wird diese zurückgezogen.

Foto: Peter Schneider (Keystone)

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine sind anderthalb Jahre vergangen. In jeder Session sah es danach aus, als käme im Parlament eine Einigung zustande, die Ukraine stärker zu unterstützen. Doch alle Versuche scheiterten. Offene Fragen müssten geklärt werden, hiess es jeweils. Zu den Bedingungen für die Weitergabe von Schweizer Waffen. Zur Taskforce für die Umsetzung der Russland-Sanktionen. Zur Aufstockung der humanitären Hilfe.

Es gibt immer Gründe. Im Fall der humanitären Hilfe machte die Mitte-Partei diese Woche plötzlich rechtliche Bedenken geltend. Wie kam es dazu? Laut mehreren Quellen hatte sich die SVP beim Aussendepartement erkundigt. Dieses hielt unter Berufung auf das Bundesamt für Justiz fest, planbare Ausgaben dürften nicht als ausserordentliche Ausgaben budgetiert werden. Die SVP leitete diese Einschätzung an alle Fraktionschefs weiter. Daraufhin beschloss der Nationalrat auf Antrag der Mitte-Partei, den Entscheid zu vertagen.

Klar ist nur, dass sich die Rüstungsindustrie freuen würde.

Dabei wäre der Auftrag an den Bundesrat klar gewesen: mehr humanitäre Hilfe für die Ukraine, aber nicht auf Kosten der Entwicklungshilfe für andere Länder. Eine rechtlich saubere Lösung hätte sich bei einem Ja im Nationalrat später immer noch finden lassen.

Dass das Parlament es nur wahlweise so genau nimmt, zeigt der Entscheid zum Kriegsmaterialgesetz: Der Ständerat will dieses lockern und so eine Verschärfung rückgängig machen, die das Parlament wegen einer Volksinitiative beschlossen hatte. Die Initianten zogen die Initiative daraufhin zurück – und sehen sich nun betrogen.

Der Bundesrat soll in Ausnahmefällen wieder Waffenexporte in Länder bewilligen dürfen, die die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen. Ob die Lockerung die Wiederausfuhr von Waffen in die Ukraine ermöglichen würde, ist umstritten. Klar ist nur, dass sich die Rüstungsindustrie freuen würde. Offene Fragen klären? Volksrechte ernst nehmen? In diesem Fall: Fehlanzeige. Viele Parlamentsmitglieder haben keine Skrupel – wenn sie etwas wollen.

Charlotte Walser gehört seit 2021 zum Bundeshausteam der Redaktion Tamedia. Die promovierte Philosophin arbeitet seit 1995 als Journalistin.Mehr Infos

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