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Kommentar: Stalking gehört endlich ins Strafgesetzbuch

KommentarStalking gehört endlich ins Strafgesetzbuch

Nach jahrelangen vergeblichen Versuchen, einen Stalking-Strafartikel zu schaffen, kommt man diesem Ziel nun einen wichtigen Schritt näher. Wurde auch Zeit.

Im Bundeshaus hat man ein Einsehen: Stalking soll bald als eigener Straftatbestand gelten.

Im Bundeshaus hat man ein Einsehen: Stalking soll bald als eigener Straftatbestand gelten.

Foto: Keystone

Vor sechs Jahren schickte der Bundesrat dem Bundesparlament eine Vorlage, um den Schutz von gewaltbetroffenen Personen zu verbessern. Gedacht wurde vor allem an Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking. Trotzdem verzichtete der Bundesrat darauf, Stalking als eigenen Straftatbestand ins Strafgesetzbuch aufzunehmen – einmal mehr.

Immerhin führte die Vorlage dazu, dass die nationalrätliche Kommission für Rechtsfragen eine entsprechende Initiative startete. Der neue Straftatbestand «Nachstellung» soll lauten: «Wer jemanden beharrlich verfolgt, belästigt oder bedroht und ihn dadurch in seiner Lebensgestaltungsfreiheit beschränkt, wird bestraft.»

Das vor wenigen Tagen zu Ende gegangene Vernehmlassungsverfahren ist überwältigend: Von den 107 angeschriebenen Institutionen lehnen nur 3 einen solchen Straftatbestand grundsätzlich ab (darunter die SVP). Die hohe Zustimmung ist nur folgerichtig. Die bestehenden Straftatbestände decken nämlich nicht sämtliche möglichen Verhaltensweisen eines Täters ab. Beispiel: Wie ist es zu beurteilen, wenn jemand unter anderem immer wieder die Nähe seines Opfers sucht, ohne es erkennbar zu bedrängen? (Interview mit Psychotherapeut – «Stalker erschrecken uns, aber sie faszinieren auch».)

Von 107 Institutionen lehnen 3 einen eigenen Stalking-Straftatbestand ab – auch die SVP.

Der Bundesrat verwies in solchen Fällen auf das Zivilgesetzbuch: Ein Opfer kann beim Gericht Massnahmen gegen seinen Stalker beantragen. Bloss: Es liegt am Opfer, sich zu wehren und das Behauptete zu beweisen – eine Zumutung für Menschen in einer psychisch schwer belasteten Lage.

Die Vernehmlassung hat aber auch gezeigt: So wie vorgeschlagen wird der Strafartikel kaum ins Gesetz kommen. Diverse Begriffe seien auslegungsbedürftig («beharrlich»). Zudem sei das Delikt mit den Begriffen Verfolgen, Belästigen, Drohen zu eng umschrieben.

Diese Probleme gilt es zu lösen. Dass die Schweiz als letztes deutschsprachiges Land jetzt auch auf dem Weg scheint, eine Lücke im Strafgesetz zu schliessen, ist in jedem Fall erfreulich.

Thomas Hasler ist Gerichtsreporter im Ressort Zürich Politik & Wirtschaft. Der promovierte Politologe und Master in Angewandter Ethik, seit 1986 beim «Tages-Anzeiger», ist auch Dozent an der Journalistenschule MAZ, Lehrbeauftragter an der Schweizerischen Richter-Akademie und gelegentlich Referent im Bereich Strafprozessrecht.Mehr Infos@thas_on_air

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