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Frappé fédéral: Weisswein-Fraktion reloaded, die beste Wahlwerbung, Cassis’ Schildkröte, Hösitum!

Frappé fédéralWeisswein-Fraktion reloaded, die beste Wahlwerbung, Cassis’ Schildkröte, Hösitum!

Warum verschenkt Ignazio Cassis eine Schildkröte? Was ist Hösitum? Und wer fährt eine richtige Schmierenkampagne? Das Frappé fédéral weiss es!

Die Ruhe vor den Wahlen. Am Freitag geht die letzte Session vor den Gesamterneuerungswahlen zu Ende.

Die Ruhe vor den Wahlen. Am Freitag geht die letzte Session vor den Gesamterneuerungswahlen zu Ende.

Foto: Keystone

Ui, diese Session. Alle so aufgeregt! Alles so kribbelig! Es waren die letzten drei Sessionswochen vor den Wahlen im Herbst, für viele im Bundeshaus war es tatsächlich die allerletzte. Nervositätslevel: hoch. Manchmal: unerträglich hoch. Man hat vieles gesehen während dieser drei Wochen. Ein Parteipräsident, der mit einer Drehtür kämpft und blaue Flecken davonträgt. Ein Parteipräsident, der wutentbrannt aus einem Gespräch mit einem Journalisten rennt. Ein Parteipräsident, der eine Journalistin so anfährt, dass er sich nachher für seinen Ton entschuldigen muss.

Darauf: zuerst mal einen Weissen. Die verpönte Weissweinfraktion im Nationalrat, sie existiert immer noch. Und zwar am alten Ort, im Restaurant des Bundeshauses, in der Galerie des Alpes. Sie hat jetzt sogar aufgerüstet. Nachdem die «Weltwoche» vor einigen Jahren die Mitglieder der Weissweinfraktion gegen ihren Willen geoutet und beschrieben hatte, wie viele SVPler bereits am Vormittag dem Weisswein zugeneigt seien, war die Empörung gross. Allerdings nicht bei den Mitgliedern der Fraktion. Diese trinken immer noch gern am Vormittag. Nun einfach etwas versteckter und ausgerüstet mit einem Weissweinkübel samt offizieller Aufschrift «Weisswein-Fraktion» (gestiftet von Nationalrat Andreas Glarner). Saufen mit Stil!

Prosit.

Prosit.

Um den gemütlichen Teil der Politik geht es auch bei der Band Fraktionszwang. Seit vierzehn Jahren musizieren Politiker sämtlicher Couleur parteiübergreifend und versuchen – so gut es halt geht – die Harmonie über das politische Hickhack zu stellen. Aktuell machen mit: Christa Markwalder (Cello), Balthasar Glättli (Violine), Gregor Rutz (Klavier) oder Aline Trede (Gesang). Höhepunkt zum Legislaturschluss am Donnerstagabend: Hinters Schlagzeug setzten sich mit Albert Rösti und Beat Jans abwechselnd ein amtierender und ein vielleicht künftiger Bundesrat. Der Takt soll gestimmt haben (hat man sich erzählt. Gab aber auch recht viel Weisswein).

Und damit: zur Werbung! Die mit Abstand beste Wahlkampagne kommt in diesem Jahr … von einem Versandhändler. Galaxus kombiniert Produkte aus dem eigenen Shop mit leeren Anzugshüllen und einem Slogan. Tönt kompliziert, sieht so aus:

Die beste Wahlwerbung in diesem Herbst.

Die beste Wahlwerbung in diesem Herbst.

Und kommt auch bei den Parteien gut an. Bei Gerhard Pfister beispielsweise, dem Präsidenten der Mitte. Ob Pfister auch eine Yogamatte in Gebrauch hat, wissen wir aber leider nicht.

Werbung geht übrigens auch in schlecht. So steht der Zürcher SVP-Nationalrat Benjamin Fischer auf seinem Wahlplakat vor einer Schweizer Karte, auf der es den Jura noch nicht gibt (bewahren wir uns die Schweiz, wie sie noch zu Napoleons Zeiten war!).

Jura?

Jura?

Die FDP Zürich wiederum lehrt uns neue Worte. Sie verspricht auf ihrem Plakat «Kein Wischiwaschi und Hösitum».

Hösitum? Hä? Vielleicht muss man es ganz langsam sagen. Hö-si-tu-m. Nein, das funktioniert nicht. Vielleicht ganz laut? HÖSSSIITTUMMM!!! Auch nicht. Vielleicht ganz schnell hintereinander? Hösitumhösitumhösitummmmmmmmmmmmmmm

Okay, FDP Zürich.

Vielleicht wäre das eine Variante gewesen für Thomas Aeschi, den Fraktionschef der SVP. Tritts im Hösitum hervor! Während der Feierlichkeiten zum 175-Jahr-Jubiläum der Bundesverfassung sang Aeschi ganz fest gegen die Lumpenliedli-Version des Schweizer Psalms an (getextet von Satiriker Joachim Rittmeyer). Aeschi schrie den Psalm richtiggehend in den Saal hinaus. Wäre Fraktionszwang (weiter oben) eine Doom-Metal-Band – Aeschi wäre ihr natürlicher Frontsänger.

Es war auf jeden Fall ein bemerkenswerter Auftritt – ähnlich jenem von Aussenminister Ignazio Cassis beim Abschied seiner Chefunterhändlerin Livia Leu. Die Eckwerte für ein Verhandlungsmandat mit der EU, die der Bundesrat vor den Sommerferien verabschiedet hat, sind ein gut gehütetes Geheimnis. Gerätselt wurde im Bundeshaus aber vor allem über das Abschiedsgeschenk, das Leu an der Botschafterkonferenz von Bundesrat Cassis erhalten hat: eine dekorative Schildkröte. Dem Vernehmen nach war das Publikum leicht irritiert. Das Tier symbolisiere Leus Vorgehen mit der EU, soll Cassis gesagt haben. Hat sie im Zweifelsfall den Kopf eingezogen und auf den harten Panzer vertraut? War sie einfach wahnsinnig langsam? Nicht sehr flexibel? Oder sehr weise? Es wird für immer das Geheimnis von Ignazio Cassis bleiben.

Sein ganz eigenes Hösitum also. Hösi miteinander!

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