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Es geht um die Existenz: Zuger Rohstofffirma verklagt Public Eye und Co auf 1,8 Millionen Franken

Es geht um die ExistenzZuger Rohstofffirma verklagt Public Eye und Co auf 1,8 Millionen Franken

Zwei Nichtregierungsorganisationen haben vor drei Jahren einen kritischen Bericht über die Zuger Firma Kolmar publiziert. Jetzt klagt diese auf Persönlichkeitsverletzung.

Ein Öltanker auf hoher See.

Ein Öltanker auf hoher See.

Foto: Paul Martens (Keystone)

Für die Nichtregierungsorganisation Public Eye geht es ums Ganze. Anfang der Woche hat die in Zug ansässige Kolmar Group AG beim dortigen Kantonsgericht eine Klage wegen angeblicher Persönlichkeitsverletzung gegen Public Eye eingereicht, teilt die Nichtregierungsorganisation mit. Das Unternehmen klagt auch gegen die Genfer Nichtregierungsorganisation TRIAL International sowie zwei Mitarbeiterinnen dieser Organisationen und einen freien Journalisten. Die Rohstoffhandelsfirma fordert von den beiden Organisationen 1,8 Millionen Dollar Schadenersatz. 

Das Unternehmen Kolmar hat seinen Sitz in Zug. Es handelt laut den Angaben auf seiner Internetseite jährlich mit etwa 6 Millionen Tonnen Öl mit einem Verkaufswert zwischen 5 und 8 Milliarden Dollar.

Im 2020 erschienenen Bericht schreiben Public Eye und Trial, dass die Zuger Ölhandelsfirma zwischen 2014 bis 2015 ein illegales Handelsnetzwerk genutzt habe. So soll die Firma an libysches Erdöl gekommen sein. Das Öl war zuvor aus dem vom Bürgerkrieg gebeutelten Land abgezweigt und danach in Europa weiterverkauft worden. 

Laut Public Eye habe Kolmar vor der Publikation Stellung nehmen können, habe das aber nicht getan. 

Kurz nach Erscheinen des Berichts reagierte Kolmar mit einer Gegendarstellung. Darin heisst es: «Kolmar Group AG war nie in illegale Aktivitäten, insbesondere Schmuggel, verwickelt. Kolmar Group AG wurde noch nie durch eine Strafverfolgungs-, Aufsichts- oder Gerichtsbehörde betreffend die im Bericht von Public Eye / Trial International genannten Angelegenheit kontaktiert oder im Rahmen irgendwelcher Ermittlungen oder Untersuchungen befragt.»

Public Eye hält am Bericht fest. Oliver Classen, Sprecher der Nichtregierungsorganisation, sagt: «Wir nehmen diesen Angriff auch aufgrund der Schadenssumme sehr ernst, wissen aber, das unsere Recherche wasserdicht ist und sind deshalb zuversichtlich fürs weitere Verfahren.»

Auch diese Redaktion hatte damals über die Recherchen von Trial International und Public Eye berichtet und auf die Gegendarstellung verwiesen.

Für Public Eye könnte die Klage existenzbedrohend sein. Eine Millionenzahlung wäre für die Nichtregierungsorganisation nicht leicht zu verkraften. Laut den öffentlich einsehbaren Unterlagen hat Public Eye ein Barvermögen von 2 Millionen Franken und Finanzanlagen über ebenfalls 2 Millionen Franken.

Nun geht es um eine grössere Summe. In der Mitteilung von Public Eye heisst es: «Nach öffentlich zugänglichen Informationen ist dies der höchste Betrag, der je in der Schweiz von einer Nichtregierungsorganisation für eine angebliche Verletzung der Persönlichkeitsrechte gefordert wurde.»

Klagen zur Einschüchterung

Erst vor kurzem haben sich in der Schweiz mehr als ein Dutzend Nichtregierungsorganisationen zusammengeschlossen, um sich gemeinsam gegen Einschüchterungsklagen, sogenannte Slapps, zu wehren. Slapp steht für «strategic lawsuit against public participation», oder auf Deutsch «Strategische Klage gegen die öffentliche Beteiligung». 

Laut der Allianz nehmen diese Klagen sowohl gegen Nichtregierungsorganisationen als auch gegen Medienunternehmen zu. Bekannt ist etwa die Klagen gegen den «Bruno Manser Fonds». Die Basler Nichtregierungsorganisation, die sich für die Erhaltung von tropischen Regenwäldern einsetzt, wurde seit August 2018 dreimal verklagt. Dies nachdem sie über Korruptionsvorwürfe im Tropenholzhandel in Malaysia berichtet hatte.

Jorgos Brouzos ist seit 2015 Wirtschaftsjournalist bei Tamedia. Seit November 2022 ist er stellvertretender Ressortleiter des Wirtschaftsteams. Er berichtet hauptsächlich über den Schweizer Finanzplatz und den Rohstoffsektor. Er hat an der Universität Zürich Politikwissenschaften studiert.Mehr Infos@jorgosbrouzos

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